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Leiterwagen-Rekonstruktion
In den letzten anderthalb Jahren war ich einige male mit bei den Furor Normannicus Gewanderungen. Dabei wird in, nach historischem Vorbild rekonstruierter Kleidung, eine Bestimmte Stecke gewandert. Man kann dabei neue Ausrüstung einem Alltagstest unterziehen, über alte Handelsstraßen, mittelalterliche Verhüttungstechniken sowie Ackerbau im Mittelalter lernen oder einfach nur die Natur genießen.
Laura hat nach ihren ersten beiden Lagern auch Spaß am Thema Mittelalter bekommen und will nun unbedingt mit. Jedoch ist eine Strecke von mehr als 5km für eine 3-jährige schon ziemlich weit, besonders bei unserer Marschgeschwindigkeit. Daher habe ich mal in historischen Quellen nach Handwagen gesucht, die es in unserer dargestellten Zeit schon gab. Leider ist die Quellenlage relativ mau in der Zeit. Schaut man jedoch ein paar Jahre weiter in die Vergangenheit, so findet man auf dem Teppich von Bayeux eine hervorragende Vorlage: Einen Leiterwagen, mit dem Rüstungen, Waffen und Wein transportiert werden.
Vergleicht man dieses Bild mit Leiterwagen aus dem Zeitraum 1920-1960, stellt man eine beeindruckende Ähnlichkeit fest. Also gesagt, getan. Ebay konsultiert und dort eine ziemlich große Anzahl Leiterwagen verschiedenster Größen gefunden. Bei einem schönen Leiterwagen hab ich sogar für 80 Euro den Zuschlag bekommen. Knapp eine Woche später kam ein Paket von dem Verkäufer. Es sah aus, wie ein Kreuz, das dick in Folie eingepackt war. Ausgepackt entpuppte es sich als Deichsel mit Stange zum ziehen. Ein paar Tage später kam ein weiteres Paket mit 4 Rädern an. Dann kam einige Tage gar nichts, außer einer Mail vom Verkäufer. Darin schilderte er, dass ihm der Aufbau beim Transport zur Post kaputt gegangen sei und dass er mir das Geld zurück überweisen wollte. Die bereits erhaltenen Teile möge ich bitte entsorgen.
Natürlich habe ich die Teile nicht entsorgt, sondern mir Gedanken gemacht, wie man denn die fehlenden Teile selbst konstruieren könnte. Zuerst habe ich einen befreundeten Schreiner konsultiert, der meinte, für einen Leiterwagen, der Wetterbeständig sein sollte, würde sich Douglasie oder Lärche empfehlen. Douglasie ist nur leider ein nordamerikanisches Holz, das im Mittelalter nicht in Europa vorkam. Was die Lärche anging, habe ich knappe 30 Holzhändler angerufen und keiner konnte das Holz in einer nutzbaren Form liefern. Die dritte Idee war dann Buche. Leider musste ich feststellen, dass normale Baumärkte heute noch nicht einmal mehr Buche (außer als Formleisten zu Apothekenpreisen) führen. Die Holzhandlung meiner Wahl (Holz Hegener in Gladbeck) hatte aber sehr schöne Stammware (also Stamm in Streifen geschnitten) schön abgelagert und zu einem sehr angenehmen Preis.
Nachdem ich dort 3 Meter Stamm eingekauft hatte, habe ich erstmal meine Handkreissäge gequält, die Stammware in ein vernünftiges Maß zu bringen. Die 25 Euro Kreissäge vom Penny hat dabei erstaunlich gute Dienste geleistet. Die Leisten gingen dann erstmal weiter zum Schwiegervater, der bei sich eine Abrichte und Hobelmaschine stehen hat und die Leisten netter Weise für mich nachbearbeitet hat. Als nächstes müssen die Leisten abgelängt und weiterbearbeitet werden.
wow.. sind Leiterwagen wirklich schon so alt.. ich wusste nur, dass sie früher sehr viel auf dem Feld der Bauern verwendet wurden um Stoh und Heu etc. zu transportieren. Sie sieht der der fertige Leiterwagen letztendlich aus und was hat alles zusammen gekostet? VG
Hallo Christopher,
hier die fehlenden Bilder:
Gekostet hat der Wagen an Material etwa 100 Euro, Arbeitsstunden kann ich Dir aber nicht sagen, das waren einige. Speziell bei den Leiteraufbauten dauerte das ganze, bis ich eine gute Vorrichtung für die Streben hatte.
Gruß
Carsten
Der sieht wahnsinnig cool aus. Vorallem mit den alten Rädern dadran, macht der richtig was her finde ich.
Ist eigentloch schon verrückt, wie modern so ein Leiterwagen aussehen kann, wenn das Holz noch so neu und frisch aussieht 🙂
LG
Dan
Ich bin jetzt auch etwas überrascht, dass Leiterwagen schon so alt sind. Aber wenn man näher darüber nachdenkt, müssten diese doch sogar, in vielleicht abgewandelter Form, in der Römerzeit zur Anwendung gekommen sein. Deine Selbstkonstruktion ist übrigens sehr schick – hätte ich selbst als halbwegs handwerklich geschickter Mensch (gelernter Mechaniker…) wahrscheinlich nicht hinbekommen. Bei der Suche nach dem richtigen Holzlieferanten hätte wahrscheinlich nach dem 4. Telefonat bereits aufgegeben…chapeau! VG Jojo